Das Europaparlament hat heute seine Forderung nach einer europäischen Finanztransaktions-
steuer (FTT) und nach ernsthafter Bekämpfung von Steuerflucht bekräftigt. Zum ersten Mal haben sich die Europaabgeordneten so klar für eine FTT in der EU ausgesprochen und zur entschiedenen Bekämpfung von Steuerflucht aufgerufen. Abgestimmt wurden die Berichte von Eva Joly (Steuerwesen und Entwicklung) und Anni Podimata (Innovative Finanzierung auf globaler und europäischer Ebene).
Ska Keller und Sven Giegold kommentieren die Erfolge:
Sven Giegold grüner Sprecher im Ausschuss für Wirtschaft und Währung dazu:
„Eine breite Mehrheit im Europaparlament hat heute vehement die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in der EU gefordert. Es ist Abgeordneten der konservativen und liberalen Fraktion und den Europaskeptikern (ECR & EFD), im Vorlauf nicht gelungen die breite Koalition der Befürworter zu spalten. Auch die Einführung innerhalb der EU an enge Konditionen zu knüpfen, konnten wir verhindern. Während auf globaler Ebene kein ernstzunehmender Fortschritt zu verzeichnen ist, ist es umso wichtiger, dass die EU mit gutem Beispiel voranschreitet. Die Kommission muss jetzt liefern und einen Gesetzesvorschlag unterbreiten.
Die Zivilgesellschaft wirbt ebenso wie wir Grünen seit Jahren für die Finanztransaktionssteuer. Der positive Verlauf der heutigen Abstimmung ist Belohnung für all diese Anstrengungen. Die Mitgliedstaaten müssen sich der Öffentlichkeit, die die Einführung verlangt, stellen und gemeinsam voranschreiten. Die FTT kann auch in Europa eingeführt werden. Viele Finanztransaktionen sind kaum verlagerbar und können daher auch in Europa besteuert werden. Der Verweis auf die globale Ebene entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Ausrede.
Wir brauchen die FTT, weil durch sie neue Einnahmen generiert werden können. Diese sind für globale Aufgaben wie Armutsbekämpfung, Maßnahmen gegen den Klimawandel und Schuldenabbau von Staaten äußerst wichtig. Außerdem hat sie einen regulativen Effekt auf die Finanzindustrie, indem Spekulationen und insbesondere risikoreiches High-Frequency-Trading teurer und damit unattraktiver werden.“
Ska Keller, entwicklungspolitische Sprecherin der grünen Europafraktion, sagt:
„Aufgrund illegaler Kapitalflucht fließt momentan mehr Geld vom Süden in den Norden als Entwicklungshilfe geleistet wird. Vor Ort tätige multinationale Konzerne versteuern ihre Gewinne oft nicht in den Entwicklungsländern, sondern in Steueroasen. Die Steuerquote in Entwicklungsländern ist häufig viel niedriger als die in Industrieländern. Für das Erreichen der Millennium Entwicklungsziele ist es deshalb unerlässlich, dass sich die Steuereinnahmen der Entwicklungsländer massiv erhöhen. Die EU hat hier ihren Teil beizutragen.
Mit dem heute angenommenen Bericht fordert das Parlament die Kommission und Mitgliedsstaaten auf, entschlossen gegen illegale Kapitalflucht und Steueroasen vorzugehen. Die Kommission soll sich in internationalen Gremien wie G20 und OECD für verbindliche Standards und einen automatischen Informationsaustausch einsetzen. Für transnationale Unternehmen muss es ein „country-by-country reporting“ geben, um die Transparenz über die Geldflüsse zu erhöhen.
Auch in der Entwicklungshilfe der EU muss es ein Umdenken geben. Viele Unternehmen und die Reichen des Landes entziehen sich jeglicher Besteuerung. Die Entwicklungshilfe der EU muss den Aufbau von effizienten Steuersystemen in Entwicklungsländern fördern.“
Wir haben hier noch ein Briefing zu dem Thema mit den zentralen Punkten des Steuerfluchtberichts zusammengestellt.