Sven Giegold

Verbotenes Gift in importiertem Schmuck muss politische Konsequenzen haben

Liebe Freundinnen und Freunde,

Liebe Interessierte,

es steht weiter Tür und Tor offen für den Import illegaler und gefährlicher Produkte in die EU. Die Europäische Chemikalienagentur hat in Kooperation mit den Aufsichts- und Zollbehörden in 16 EU-Mitgliedstaaten importierte Produkte auf ihre Übereinstimmung mit EU-Gesetzen getestet. Die Ergebnisse sind erschreckend. Knapp ein Viertel (23%) aller getesteten Waren entsprach nicht den EU-Regeln. In der aktuellen Testreihe wurde vor allem importierter Schmuck überprüft. Von den 1 225 Kontrollen auf verbotene oder eingeschränkte Substanzen enthielten 17 % giftige Substanzen über dem rechtlichen Grenzwert. Die Behörden testeten vor allem auf die gesundheitsgefährlichen Stoffe Blei, Kadmium und Nickel. Über die Haut gelangen diese Gifte in unsere Körper. So werden viele Menschen jeden Tag vergiftet, ohne es zu merken. Hier ist Gefahr im Verzug! Noch schlimmer ist die Situation bei der Beschriftung importierter Produkte. Auf einem Drittel (64%) aller getesteten Produkte waren falsche oder nicht ausreichende Kennzeichnungen von giftigen Stoffen angebracht. Damit werden Verbraucher*innen in die Irre geführt und europäische Hersteller, die sich an die Regeln halten, benachteiligt. 

Die Umsetzung der EU-Regeln obliegt in diesem Fall den nationalen Behörden. In Deutschland ist es die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, die dem Bundesarbeitsministerium untersteht. Doch es gibt keine europaweit einheitliche Regelung der Strafen, die die Behörden den Herstellern illegaler und gefährlicher Produkte auferlegen. So reichte die Spanne der Auflagen von mündlichen Warnungen über Geldstrafen bis zu Strafanzeigen. Es ist hier an der EU-Kommission nicht nur dafür zu sorgen, dass mehr Tests durchgeführt werden, sondern auch die Sanktionen der Hersteller und Importeure durch die Mitgliedstaaten zu harmonisieren. Die Kommission hat heute schon Befugnisse, um Mindeststandards für die Anzahl und Bedingungen der von den nationalen Behörden durchgeführten Kontrollen festzulegen. Davon sollte sie Gebrauch machen und im Rahmen der EU-Marktüberwachungsverordnung diese Standards festlegen. 

In unserem grünen Aktionsplan für die europäische Chemiewende fordern wir gleich als ersten Punkt die rigorose Anwendung und Durchsetzung geltenden EU-Rechts. Die EU-Kommission muss die Mitgliedstaaten, also auch die Bundesregierung, durch Vertragsverletzungsverfahren zur Umsetzung zwingen. Denn unsere EU-Regeln schützen uns heute schon vor Blei und anderen Giften, wenn sie konsequent durchgesetzt werden. Die große Zahl der illegalen Produkte, die in dieser verschwindend kleinen Studie der Europäischen Chemikalienagentur gefunden wurden, zeigt, dass die Bundesregierung weit mehr Geld in Kontrollen investieren muss. Es muss eine so hohe Kontrolldichte sichergestellt werden, dass sich die Einfuhr dieser Produkte nicht mehr lohnt. Dafür werde ich mich im direkten Kontakt mit den zuständigen Behörden in Deutschland einsetzen. 

Wir brauchen gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle. Importierte Produkte müssen die gleichen chemischen Sicherheitsstandards erfüllen, wie in der EU hergestellte Produkte. EU-Bürger*innen und -Produzent*innen müssen vor minderwertigen Produkten aus anderen Teilen der Welt geschützt werden. Wir fordern deshalb von der EU-Kommission die Einsetzung eines langfristigen europäischen Testprogramms für Konsumgüter auf dem gesamten Kontinent. So könnten regelmäßig Produkte des alltäglichen Lebens, also zum Beispiel Spielzeug, Lebensmittelverpackungen und Kosmetik, überprüft werden. Denn einmalige Testreihen der Europäischen Chemikalienagentur sind zwar ein Weckruf, aber für die konsequente Überprüfung der Gesetze müssen langfristige europäische Strukturen geschaffen werden. 

Die europäische Zukunfts- und Nachhaltigkeitsstrategie für Chemikalien, welche die Kommission Mitte Oktober vorstellen wird, ist dafür eine einmalige Chance. Ich werde mich deshalb weiterhin für eine Nulltoleranzpolitik gegenüber illegalen Produkten einsetzen. Damit in Zukunft Schmuck keine Gesundheitsgefahr ist und europäische Hersteller unter fairen Wettbewerbsbedingungen arbeiten können. 

Mit energischen grünen Grüßen

Sven Giegold

P.S.: Einladung zum Webinar „Chemiewende: Hoffnung für die Zukunft” mit Chemiker Dr. Hermann Fischer, Gründer der Auro Pflanzenchemie AG, über die Fülle der Pflanzenchemie und die Probleme, welche die konventionelle Chemie verursacht. Wir reden über den Europäischen Green Deal und den Weg zu einer nachhaltigen Chemie am kommenden Montag, 28.9.2020 19-21 Uhr. Gleich hier anmelden!

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Link zum Bericht der Europäische Chemikalienagentur (auf Englisch): https://echa.europa.eu/documents/10162/13555/customs2_project_report_en.pdf/5a2c3795-7ed9-5900-fe28-540228abc7c1

Link zu unserem grünen Aktionsplan für die europäische Chemiewende: https://sven-giegold.de/gruener-aktionsplan-europaeische-chemiewende/

Rubrik: Brüssel, Europaparlament

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