Sven Giegold

Griechenland: Reformvorschläge der Eurogruppe für Tarifverhandlungen verstoßen gegen europäisches Recht

Für diese Woche sind eine Reihe von Treffen zwischen Vertretern der griechischen Regierung und Vertretern der “Institutionen” (EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und als assoziiertes Mitglied der Internationale Währungsfonds (IWF)) geplant. Damit werden die Verhandlungen über den Fortschrittsbericht des zweiten Hilfsprogramms für Griechenland fortgesetzt. Die Gespräche finden vor dem Hintergrund des für den 5. Dezember geplanten Treffens der Finanzminister der Eurozone (sog. Eurogruppe) statt. Dabei soll auch das Thema einer Restrukturierung der Schuldenlast Griechenlands besprochen werden. Laut griechischen Presseberichten werden der IWF und die beiden EU-Institutionen auf einem weiteren Rückbau des Tarifrechts bestehen, obwohl die Grundrechtecharta der Europäischen Union diese Rechte schützt.

Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, kommentiert:

“Die Pläne der Institutionen für Arbeitsmarktreformen in Griechenland ignorieren zentrale Pfeiler des europäischen Rechts. Die Institutionen zielen darauf ab, die rechtlich verankerte Stellung der Sozialpartner mit Füßen zu treten: Jegliche Diskussion, die Festlegung des Mindestlohns wieder in den Hände der Sozialpartner zu legen, droht bei den Verhandlungen ausgeschlossen zu werden. Die Institutionen treiben diese Rechtsblindheit sogar noch weiter. Tarifliche Abschlüsse für Wirtschaftsbranchen sollen eingeschränkt und im Gegenzug Tarifverträge auf betrieblicher Ebene vereinfacht werden.

Diese Positionen verstoßen gegen den Geist von Artikel 28 der Europäischen Grundrechtecharta und Artikel 6 der Europäischen Sozialcharta. Sie sind deshalb ein Angriff auf die essentiellen Rechte von Arbeitern und Angestellten, Tarifverträge zu verhandeln und abzuschließen. Die Institutionen sind nicht nur rechtsblind, sondern sie ignorieren auch die angewandte Praxis sozialpartnerschaftlicher Zusammenarbeit, die sich in den meisten EU-Mitgliedsländern bewährt hat. Die Eurogruppe muss die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) ernst nehmen: Der Ausschuss für Zusammenarbeit der ILO hat bereits einen deutlichen Hinweis auf Rechtsbrüche gegeben: Er hat die im Zuge der vorherigen Programme durchgesetzten Arbeitsmarktreformen verurteilt. Anstatt europäisches und internationales Arbeitsrecht zu schwächen, sollten die Eurogruppe und die Institutionen das Tarifrecht festigen und damit einen Beitrag zur Stärkung des europäischen Sozialmodells leisten.”

Nachfolgend finden Sie einen Brief, der Kommissionspräsident Juncker, Vizepräsident Dombrovskis, Kommissar Moscovici und Kommissarin Thyssen auffordert, nicht bei der Schwächung von europäischem und internationalem Recht mitzuwirken: https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2016/12/Letter-labour-market-reforms-by-Green-MEPs-to-EU-Commission.pdf

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