Sven Giegold

Grüne Änderungsanträge zur Anpassung der Bankenregeln: Keine Eigenkapitalerleichterung ohne Verpflichtungen

Sehr geehrte Journalistinnen und Journalisten, liebe Interessierte,

heute habe ich die Änderungsanträge der Grünen zu den vorgeschlagenen „quick fix“-Anpassungen der Bankenregeln in der Corona-Krise eingereicht. Die EU-Kommission hatte eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen mit dem Ziel, die Eigenkapitalanforderungen für Banken in der Zeit der Krise zu reduzieren. Der sozialdemokratische Berichterstatter Jonás Fernández hat einen Berichtsentwurf vorgelegt, um diese Erleichterung für die Banken noch weiter auszudehnen.

Die Vorschläge der Kommission beinhalten eine Kompensation für die Auswirkungen der neuen Rechnungslegungsvorschriften (IFRS 9) auf Finanzinstrumente, die verhindern sollen, dass die buchhalterischen Rückstellungen für erwartete Verluste in der Corona-Krise das Eigenkapital der Banken reduzieren. Darüber hinaus sollen öffentlich garantierte Kredite vorübergehend den Exportkreditgarantien gleichgestellt werden mit den Mindestregeln für Rückstellungen für notleidende Kredite (NPL prudential backstop). Die Anwendung der neuen Regeln zur Verschuldungsgrenze (“Leverage-Ratio”) soll, wie bereits im Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht vereinbart, um ein Jahr verschoben werden. Zentralbankreserven sollen in Krisenzeiten von der Verschuldungsgrenze ausgenommen werden dürfen.

Mit unseren grünen Änderungsanträgen fordern wir einen anderen Ansatz. Die Finanzkrise hat gezeigt, dass Großzügigkeit gegenüber den Banken nicht zu mehr Kreditvergabe an die Realwirtschaft führt. Verluste und Risiken dürfen nicht geschönt werden. Wenn Banken zusätzliches Kapital benötigen, sollte dieses durch Eigenkapitalinvestitionen des privaten oder – als letztes Mittel – des öffentlichen Sektors mit klaren Verpflichtungen zur Finanzierung der Realwirtschaft gewährt werden. Unsere Änderungsanträge orientieren sich an den folgenden Ideen und Grundsätzen:

  • Die öffentliche Hand hat rasche und entschlossene Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass die Banken auch weiterhin ihrer Rolle bei der Finanzierung der Realwirtschaft gerecht werden können. Die Bankenaufsicht der EZB und die Europäische Bankenaufsichtsbehörde haben mehrere im Rechtsrahmen vorgesehene Flexibilitäten aktiviert. Dazu gehören die Möglichkeit, vorübergehend unterhalb des Kapitalerhaltungspuffers und des antizyklischen Puffers zu operieren, eine vollständige Reduzierung der Eigenkapitalzielkennziffer (weiche Pillar 2 Guidance), eine Entlastung bei der Zusammensetzung des Kapitals für die Anforderungen der bankspezifischen Kapitalaufschläge (hartes Pillar 2 Requirement) sowie operative Flexibilität bei der Umsetzung bankspezifischer Aufsichtsmaßnahmen. Solche Maßnahmen kommen hinzu zu ebenfalls weitreichenden Liquiditätshilfen für Banken und die Unterstützung in Form von Kreditgarantien durch die Mitgliedstaaten. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, vorsichtig und zielgerichtet vorzugehen, bevor weitere Änderungen am Regelwerk der Bankenunion in Betracht gezogen werden. Denn die Bankenregeln wurden als „Allwetter“-Rechtsrahmen konzipiert, der insbesondere für die Verwendung von Steuergeldern angemessene Hürden einführt.
  • Das allgemeine Prinzip hinter jeder weiteren in Betracht gezogenen Änderung sollte sein, dass sie zielgerichtet und streng zeitlich begrenzt sein sollte (z.B. im Rahmen einer Auslaufklausel). Zumindest müssen Kapitalerleichterungen Verpflichtungen für die Banken in Bezug auf Dividenden und Zinszahlungen für AT1-Instrumente, Aktienrückkäufe und Boni gegenüberstehen.
  • Es sollte klargestellt werden, dass die Behandlung öffentlich garantierter Kredite im Rahmen des aufsichtsrechtlichen Backstops für NPLs oder eine Anpassung des Ausgleichsmechanismus für Zentralbankreserven nur vorübergehend sein sollte.

Unsere vollständigen Änderungsanträge in der eingereichten Fassung gibt es hier: https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2020/05/Greens-Amendments-CRR-quick-fix.pdf 

Mit freundlichen Grüßen,
Sven Giegold

Rubrik: Europaparlament, Wirtschaft & Währung

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