Heute hat Noch-Finanzkommissar Valdis Dombrovskis den neuen Aktionsplan für die Kapitalmarktunion vorgestellt. Darin skizziert die EU-Kommission, wie die Integration von Kapitalmärkten und Finanzdienstleistungen in Europa weiter vorangetrieben werden soll. Konkret werden Maßnahmen und Pläne in insgesamt 16 Handlungsfeldern benannt. Inhaltlich orientiert sich der Plan eng an dem Abschlussbericht, den die High-Level Group für die Kapitalmarktunion, eine Expertengruppe der EU-Kommission, im Juni vorgelegt hatte.
Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament erklärt:
“In Trippelschritten auf zu großen Zielen: In ihrem heute vorgestellten Aktionsplan für die Kapitalmarktunion lässt die EU-Kommission große Ambitionen vermissen. Zwar ist vieles davon sinnvoll, doch an die entscheidenden Großprojekte wie eine Harmonisierung des Unternehmens- und Insolvenzrechts, effektiven Verbraucherschutz bei Finanzprodukten oder eine gemeinsame europäische Finanzmarktaufsicht traut sich die Kommission weiterhin nicht heran. So verliert sich der Plan im Klein-Klein und vernachlässigt außerdem sträflich das Thema Anlegerschutz.
Schon der Abschlussbericht des High-Level Forums für die Kapitalmarktunion war wenig visionär und von Formelkomprommissen geprägt, beeinflusst von zu vielen finanzindustrienahmen Expert*innen. Diese Ideenlosigkeit setzt sich jetzt im Aktionsplan fort. Das ist bedauerlich, denn der Euroraum braucht integrierte Kapitalmärkte. Doch Trippelschritte werden keinen substantiellen Beitrag zur Wiederbelebung der europäischen Wirtschaft leisten können. Für den Wiederaufbau nach dem Ende der Coronakrise wird dieser Aktionsplan substantiell nichts bringen.
Wo eigentlich große Lösungen gefordert sind, verliert sich der Aktionsplan in kleinen Maßnahmen. So etwa ist die hochgradige Fragmentierung der nationalen Steuergesetze ein klarer Hemmschuh für das weitere Zusammenwachsen der europäischen Kapitalmärkte. Doch anstatt eine gezielte europaweite Harmonisierung anzustreben, sollen lediglich Aspekte der Verwaltungspraxis vereinheitlicht werden. Es ist lange bekannt, dass bei der Finanzberatung auf Provisionsbasis Geld oft nicht im besten Sinne der Kunden angelegt wird. Doch anstatt endlich die Voraussetzungen für eine unabhängige Finanzberatung für Kleinanleger zu schaffen, soll dies lediglich erneut untersucht werden. Diese Untersuchung ist ein Feigenblatt für mangelnden Mut zu handeln. Ein echter integrierter Finanzmarkt braucht auch eine gemeinsame europäische Finanzmarktaufsicht. Doch anstatt sich klar zu einer gemeinsamen Finanzmarktaufsicht zu bekennen, wird im Aktionsplan lediglich stärkere aufsichtliche Kovergenz angemahnt und eine erneute Untersuchung der europäischen Aufsichtsstrukturen für Ende 2021 angekündigt. Viele der 16 sogenannten “Actions” entpuppen sich so als lahme Ente.”
P.S.: Italienisch-Deutsches-Englisches Webinar “Finanzierung des Corona-Wiederaufbauprogramms durch Eindämmung von Steuerdumping und Geldwäsche” mit den Finanzministern Scholz (Deutschland) und Gualtieri (Italien) am Mittwoch, 30.9.2020 19-20 Uhr. Gleich hier anmelden!