Sven Giegold

Licht und Schatten im Vorschlag für die EU-Kommission: Von der Leyen hätte manche Nominierungen ablehnen sollen

Heute hat Ursula von der Leyen die Aufgabenbereiche aller Kandidierenden für die EU-Kommission vorgestellt. Ab Ende September finden im Europaparlament Anhörungen mit den Kandidierenden statt. Ohne Bestätigung durch das Europaparlament kann die EU-Kommission ihre Arbeit nicht aufnehmen. In der Vergangenheit sind bereits einzelne Kandidierende vor dem Europaparlament durchgefallen und haben dann ihre Kandidatur zurückgezogen. Dazu erklärt Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament:

“Der Personalvorschlag von der Leyens besteht aus Licht und Schatten. Die Eignung einiger Kandidierende ist höchst fraglich. Die Nominierungen aus Ungarn und Rumänien hätte von der Leyen ablehnen sollen. Wer wie Trócsányi im eigenen Land rechtsstaatliche Prinzipien ausgehebelt hat, ist für die EU-Kommission nicht geeignet. Die Nominierung Trócsányis ist eine Provokation von Orbán. Als Verantwortlicher für eine demokratiefeindliche Justizreform, kann Trócsányi schlecht auf Rechtsstaatlichkeit bei den Beitrittskandidaten pochen. Trócsányi ist der falsche Mann sowohl für den EU-Erweiterung als auch die Kommission insgesamt. Auch die rumänische Kandidatin ist eine Fehlbesetzung: Eine Politikerin mit ungeklärten Korruptionsvorwürfen wie Plumb hat in der EU-Kommission nichts verloren.

Bei der Vergabe der Aufgabenbereiche hat von der Leyen einige gute, aber auch manche schlechte Entscheidungen getroffen. Vestager und Dombrovskis sind die richtigen Personen auf dem richtigen Posten. Goulards Zuständigkeit für den Binnenmarkt ist die richtige Wahl, aber der Schwerpunkt auf die Verteidigungsindustrie ist mehr als fragwürdig. Anders sind es in den Bereichen Wirtschaft, Landwirtschaft und Handel aus: Gentiloni hat einen Interessenkonflikt, wenn er auf die Einhaltung der Defizitregeln seiner eigenen Regierung achten muss. Selbst wenn die EU-Regeln für Defizite und Schulden ökonomisch nicht klug sind, so hat er doch ein Glaubwürdigkeitsproblem bei allen Verhandlungen zwischen der EU und Italien. Wojciechowski ist die nötige Agrarwende nicht zuzutrauen, da etwa die Biodiversität für seine Regierung keine Priorität hat. Von Hogan ist keine Neuausrichtung der EU-Handelspolitik auf fairen und freien Handel zu erwarten. Als früherer Agrarkommissar hat er keine Erfolge vorzuweisen. 

Unabhängig von Parteizugehörigkeit bekommen alle Kandidierenden eine faire Chance, aber ungeeignete Personen werden wir im Notfall durchfallen lassen. Wir Abgeordneten werden unser Mitspracherecht selbstbewusst nutzen. Jetzt schlägt die Stunde des Parlaments.”