Sven Giegold

MEP-Büropauschale: Das Plenum muss die Transparenz schaffen, die seine Vizepräsidenten Hinterzimmer blockieren

Montagabend blockierte die Mehrheit der Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments (Parlamentspräsidium) den Versuch, die Entscheidung des Präsidiums gegen mehr Transparenz bei den Ausgaben der Abgeordneten zu korrigieren. Am 2. Juli hatte das Präsidium mit knapper Mehrheit Vorschläge abgelehnt, die MdEPs verpflichten sollten, Belege aufzubewahren und eine professionelle Zahlstelle zu beauftragen, die Verwendung ihrer Allgemeine Kostenvergütung (General Expenditure Allowance, GEA) überprüft sowie nicht verwendete Mittel zurückzuerstatten. Anschließend hatte sich Vizepräsidentin Evelyne GEBHARDT (SPD) beschwert, dass Präsident Antonio TAJANI (EVP, italienisch) nicht erlaubt hatte, ihre Änderungsanträge zu diskutieren und abzustimmen. Im Anschluss daran hatten Pavel TELIČKA (ALDE, tschechisch), Heidi HAUTALA (Grün, finnisch) und Fabio Massimo CASTALDO (EFDD, Italienisch) gestern darum gebeten, die Arbeitsgruppe des Präsidiums zu diesem Thema wieder zu eröffnen. Doch weder Evelyne GEBHARDT noch andere Unterstützer einer starken Reform ergriffen das Wort. David-Maria SASSOLI (S&D, italienisch), Sylvie GUILLAUME (S&D, französisch) und Dimitrios PAPADIMOULIS (GUE, griechisch) sagten nichts. Präsident Tajani lehnte, mit starker Unterstützung von Vizepräsident Rainer WIELAND (EVP, Deutschland), den Vorschlag ab, die Arbeitsgruppe neu einzusetzen.*

 

Während das Präsidium sich weigert die Forderungen des Plenums nach einer Reform der GEA-Regeln umzusetzen, haben die grünen MdEPs Max Andersson und Sven Giegold Änderungen an der Geschäftsordnung des Parlaments beantragt. Die Änderungsanträge sollen die Abgeordneten verpflichten, über ihre Ausgaben transparent zu sein, ohne dass das Präsidium dies weiter verhindern kann. Die Grünen Änderungsanträge zur Geschäftsordnung sollen im Ausschuss für konstitutionelle Fragen (AFCO) in einer außerordentlichen Sitzung am 1. Oktober in Straßburg diskutiert, im Oktober im AFCO und im Plenum zwischen 13.-15. November abgestimmt werden. Die Reform der Geschäftsordnung des Parlaments wird von Berichterstatter Richard Corbett organisiert und richtet sich nicht zuletzt gegen Hassreden im Parlament.

 

MdEP Sven Giegold, Berichterstatter des Europäischen Parlaments für Transparenz, Rechenschaftspflicht und Integrität in den EU-Institutionen, kommentiert:

 

„Der offensichtliche Mangel an Transparenz der Allgemeinen Kostenvergütung für Europaabgeordnete beschäftigt den Ruf des Europäischen Parlaments. Wenn der Präsident und die Mehrheit der Vizepräsidenten die Umsetzung der Forderung des Plenums nach Transparenz weiter behindern, muss das Plenum den Prozess zurück in die Hand nehmen und die Transparenz der Ausgaben von Abgeordneten direkt in seine Geschäftsordnung schreiben.

 

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HINTERGRUND: Grüne Änderungsanträge zur Geschäftsordnung des Europaparlaments

 

Parliament’s Rules of Procedure Article 11 – paragraph 1 – subparagraph 1

 

Bisher heißt es schon: “Parliament shall lay down rules governing the transparency of its Members‘ financial interests in the form of a Code of Conduct which shall be adopted by a majority of its component Members and attached to these Rules of Procedure as an annex.”

 

Sven Giegold und Max Andersson schlagen vor, diesen Absatz zu ergänzen:

 

“The code of conduct shall include provisions on the transparency and accountability of Members’ general expenditure allowance. It should provide for adequate sanctions in case of breach of paragraphs 2, 2a, 2b and 2c of this rule, including sanctions related to the impossibility to be elected office-holders of Parliament or of one of its bodies, be appointed as a rapporteur or participate in an official delegation;”

 

und als weitere Absätze:

 

Article 11 – paragraph 2 b (new)

2 b. Members shall use their general expenditure allowance in a transparent and accountable way, in line with the principle of sound financial management, specification and with the principles governing the funding of political parties.

 

Article 11 – paragraph 2 c (new)

2 c. Members shall publish, on an annual basis, an overview of the use of their expenditure by category, keep all the receipts of the expenditures, use a separate bank account and return the unused sums at the end of each term.

The Bureau shall lay down provisions in order to ensure annual sample checks.

 

Richard Corbetts Berichtsentwurf für eine Änderung der Geschäftsordnung:

http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+COMPARL+PE-625.598+03+NOT+XML+V0//DE

 

(* Diese Vizepräsidenten hatten schon im Juli gegen eine starke Reform der GEA-Regeln gestimmt: Mairead McGUINNESS (EPP, irisch), Bogusław LIBERADZKI (S&D, polnisch), Rainer WIELAND (CDU/EPP, deutsch), Zdzisław KRASNODĘBSKI (ECR, polnisch), Ramón Luis VALCÁRCEL SISO (EPP, spanisch), Lívia JÁRÓKA (EPP, ungarisch), Ioan Mircea PAŞCU (S&D, rumänisch). Für mehr zur Entscheidung vom 2. Juli 2018: https://sven-giegold.de/gea-reform-verhindert/ )

Rubrik: Demokratie & Lobby, Klima & Umwelt

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