Markus Krall aus dem Hause der Beratungsfirma Roland Berger steht mit seinem Versuch, eine europäische Ratingstiftung privatwirtschaftlich zu organisieren, offenbar vor dem Aus. Es ist ihm nicht gelungen, die geplanten 300 Millionen Euro einzusammeln, mit denen eine europäische Ratingagentur geschaffen werden sollte. Im Gegensatz zum Geschäftsmodell der großen drei marktbeherrschenden Anbieter aus den USA, die sich ihre Ratings von den bewerteten Unternehmen bezahlen lassen, sollten die Investoren für die Kosten der Ratings aufkommen.
Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament kommentiert diese Entwicklung:
„Wir brauchen eine unabhängige europäische Ratingstiftung. Sie muss jedoch tatsächlich nach dem Modell der Stiftung Warentest auf der Seite der Investoren stehen. Unabhängige und objektive Risikobewertungen sind in einer Marktwirtschaft ein wichtiges gesellschaftliches Gut. Das Scheitern von Roland Berger zeigt aber, dass eine auf Gewinnerzielung ausgerichtete Institution nicht in der Lage ist, das zu liefern. Die großen amerikanischen Ratingagenturen erwirtschaften mit ihrem „Issuer-Pays“-Prinzip Umsatzrenditen von etwa 40%. Hier wird offensichtlich eine Monopolrente auf Kosten der Nutzer eingefahren.
Das Europaparlament vertritt seit langem die Position, dass eine Europäische Ratingstiftung eingerichtet werden soll. Um die Finanzierung des Kapitalstocks der unanbhängigen Stiftung zu garantieren, schlagen wir Grünen vor, eine europäische Sondersteuer auf die Milliardengewinne der großen Ratingagenturen zu erheben. Aus den Erträgen der Steuer wollen wir den Kapitalstock der Europäischen Ratingstiftung füllen und sie damit unabhängig machen. Die Vorschläge der Europäischen Kommission die Ratingagenturen zu regulieren, greifen diesbezüglich zu kurz und ignorieren die Stimme der gewählten Vertreter im Europaparlament.
Der aktuelle Vorschlag eine globale gemeinnützige Ratinginstitution einzurichten, geht grundsätzlich in die richtige Richtung. Wir brauchen mehr Anbieter im Ratingmarkt mit neuen Geschäftsmodellen. Ich wünsche der Bertelsmann-Stiftung bei der Suche nach Kapital mehr Glück als Roland Berger. Das Projekt einer Europäischen Ratingstiftung sollte die EU trotzdem weiter verfolgen.“
Für die Abstimmung im Ausschuss für Wirtschaft und Finanzen am 21. Mai zur zweiten Revision der Verordnung für Ratingagenturen (Domenici Bericht) fordern wir Grüne, dass die Parlamentsposition für die Einführung einer unabhängigen, gemeinwohlorientierten Europäischen Ratingstiftung im laufenden Gesetzgebungsverfahren bekräftigt wird.