Sven Giegold

Notleidende Kredite: Vollendung der Bankenunion erfordert echte Risikominderung und Risikoteilung

Heute wird der Berichtsentwurf über eine aufsichtsrechtliche Mindestvorgabe für die Risikovorsorge notleidender Kredite (NPLs) im Wirtschafts- und Währungsausschuss (ECON) diskutiert. Die Ko-Berichterstatter im Europäischen Parlament, Esther De Lange (EVP) und Roberto Gualtieri (S&D), haben Änderungsanträge vorgelegt, die den ohnehin schon laxen Vorschlag der Kommission für eine NPL-Verordnung weiter abschwächen. Alle Fraktionen haben bis Ende dieser Woche Zeit, ihre Änderungsanträge einzureichen, zu denen dann Kompromisse gefunden werden müssen. Nach dieser parlamentarischen Vorarbeit können die Verhandlungen mit dem Rat über den endgültigen Gesetzestext beginnen. Bisher haben weder die Ko-Berichterstatter des Europäischen Parlaments noch der Rat ihre Arbeit an dem Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über Kreditdienstleister, Kreditkäufer und die Verwertung von Sicherheiten abgeschlossen.

 

Der Europaabgeordnete Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion und Grüner Schattenberichterstatter für die NPL-Verordnung, und Ernest Urtasun, Grüner Schattenberichterstatter für die NPL-Richtlinie, kommentierten dies:

„Die ganze Diskussion über die Rückstellungen für notleidende Kredite in Europa ist völlig daneben. Das US-amerikanische Aufsichtsrecht und die dort geltenden Rechnungslegungsvorschriften verlangen von Banken, notleidende Kredite innerhalb von sechs Monaten wertzuberichtigen. Die derzeit auf dem Tisch liegenden Optionen würden den europäischen Banken bis zu neun Jahre Zeit geben, um ihre NPLs vollständig abzuschreiben. Dies ist keine vorsichtige Herangehensweise und führt nicht zu der Risikominderung, die wir in den Bilanzen der europäischen Banken erreichen müssen.

Ohne wesentliche Fortschritte bei der Risikominderung werden einige Mitgliedstaaten und politische Gruppen ein Rahmenwerk für einen europäischen Einlagensicherungsmechanismus verhindern, so dass Sparer überall in Europa nicht den gleichen Schutz bekommen. Genauso wird eine Blockade bei der Risikominderung die fiskalische Letztsicherung für den ESM verhindern. Diejenigen, die schwache Regeln für NPLs fordern, verhindern, dass die Bankenunion durch eine dritte Säule vollendet wird. Die Eurozone stärken wir nur, wenn wir beim aufsichtsrechtlichen Backstop für NPLs eine harte Linie verfolgen. In der Eurozone brauchen wir dringend beides, Risikoreduzierung und Risikoteilung. Beidem steht der aktuell schwache Kompromiss der großen Koalition im Europäischen Parlament entgegen.

Die Erfahrungen in den USA haben gezeigt, dass Banken strengen Regeln gewachsen sind. Deshalb wollen wir Grüne streng sein, wenn es um die aufsichtsrechtliche Risikovorsorge für notleidende Kredite geht. Neben der NPL-Verordnung brauchen wir auch dringend Mindeststandards für Kreditdienstleister. Wir werden nicht akzeptieren, dass unregulierte Kreditdienstleister wie Cerberus, Blackstone oder Intesa Sanpaolo, die notleidende Kredite von regulierten Kreditinstituten kaufen, Menschen aus ihren Eigenheimen vertreiben oder Kleinunternehmern ihre Firmen dichtmachen. Um die Verbraucher in Europa besser zu schützen, sollten wir die NPL-Richtlinie voranbringen.“

 

Überblick über die verschiedenen Ansätze für einen Zeitplan für die NPL-Bestimmungen:

https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2018/11/Timetable-for-the-provisioning-of-NPLs.pdf

Entwurf eines Berichts des Europäischen Parlaments über eine Verordnung über einen aufsichtsrechtlichen Backstop für die Bereitstellung notleidender Kredite:

https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2018/11/EP-Draft-Report-NPL-Regulation.pdf

Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über einen aufsichtsrechtlichen Backstop für die Bereitstellung notleidender Kredite:

https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2018/11/COM-Proposal-Regulation.pdf

Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über Kreditdienstleister, Kreditnehmer und die Verwertung von Sicherheiten:

https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2018/11/COM-Proposal-Directive-on-credit-servicers-credit-purchasers-and-the-recovery-of-collateral.pdf

 

Rubrik: Europaparlament, Wirtschaft & Währung

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