Sven Giegold

Unser Brief: Blockade der Steuertransparenz beenden

Liebe Freundinnen und Freunde,

Liebe Interessierte,

wir können uns das Steuerdumping im Interesse großer Unternehmen in Europa nicht mehr leisten. Die öffentlichen Kassen sind und bleiben wegen der Coronakrise schwer beansprucht. Es wäre ein leichtes mit Hilfe der verbindlichen öffentlichen Steuertransparenz für Großunternehmen Milliarden an gerechten Steuern in die Kassen der EU-Mitgliedsstaaten zu spülen.
Bei der letzten Abstimmung über den auf Eis liegenden Vorschlag der EU-Kommission zum „country-by-country reporting“ hat Deutschlands GroKo im vorigen Jahr die nötige qualifizierte Mehrheit verhindert. Jetzt hat die deutsche EU-Ratspräsidentschaft selbst die Aufgabe, als ehrlicher Makler eine Mehrheit zu suchen. Wir können uns die Steuerblockade der GroKo in Brüssel nicht länger leisten! Auch die vielen durch die Corona-Krise gebeutelten kleineren und mittleren Unternehmen brauchen ein Ende des unfairen Steuerwettbewerbs durch Großunternehmen, die internationale Steuertricks nutzen.

Daher habe ich mit meiner Kollegin Lisa Paus, finanzpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, an die zuständigen Minister*innen Scholz, Altmaier und Lambrecht geschrieben (s.u.). Die deutsche Ratspräsidentschaft soll auch für die Steuergerechtigkeit endlich ihren Job im Interesse aller Steuerzahler*innen machen!
Was für Großbanken längst funktioniert, muss für alle Konzerne normal werden: Öffentliche Steuertransparenz nach Ländern. Dann wird Steuerdumping über schwerer!

Schon über 78.000 Bürger*innen unterstützen diese Forderung. Ich freue mich über weitere Unterschriften:https://www.change.org/p/stoppt-die-blockade-der-bundesregierung-im-kampf-gegen-steuervermeidung-großer-unternehmen

Mit entschlossen GrüßenSven Giegold

P.S.: EINLADUNG zur Online Konferenz:Europäische Chemiewende – nachhaltig, wettbewerbsfähig, schadstofffrei” am Dienstag 1. September, 10 – 12:30 Uhr. Gemeinsam mit meiner Fraktionskollegin Jutta Paulus werden wir unsere Prioritäten für eine nachhaltige Chemikalienpolitik diskutieren mit EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius und Vertretern von BASF, Zivilgesellschaft und weiteren Gästen. Seid dabei und meldet Euch gleich hier an: Zur Anmeldung.

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Link zu unserem Brief: https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2020/08/Offener-Brief-CbCR.pdf
Deutsche EU-Ratspräsidentschaft – Blockade bei Steuertransparenz beenden

Sehr geehrte Frau Bundesjustizministerin, sehr geehrte Frau Lambrecht,
sehr geehrter Herr Bundesfinanzminister, sehr geehrter Herr Scholz,
sehr geehrter Herr Bundeswirtschaftsminister, sehr geehrter Herr Altmaier,

am 1. Juli 2020 hat Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Die Herausforderungen in Europa sind groß, doch es gibt auch Grund zur Hoffnung: mit den richtigen Entscheidungen können die kommenden Monate maßgeblich dazu beitragen, der Idee eines gerechten und nachhaltigen Europas neues Leben einzuhauchen.

Auf der Agenda stehen eine Reihe wichtiger Vorhaben. Doch die europäische Initiative für mehr öffentliche Steuertransparenz von internationalen Konzernen, das sogenannte Country-by-Country-Reporting, taucht auf der Tagesordnung bisher nicht auf. Dabei sind die Verhandlungen dazu im Rat, wie Sie wissen, bereits weit fortgeschritten. Ein unter finnischer Präsi-dentschaft ausgearbeiteter Kompromissvorschlag wurde von einer Vielzahl von Mitgliedstaaten unterstützt und nur knapp bei einer Abstimmung in der Sitzung des Rates für Wettbewerbs-fähigkeit am 28./29. November 2019 abgelehnt. Es gibt Grund zur Annahme, dass sich die Mehrheitsverhältnisse noch einmal geändert haben und es nun eine Mehrheit für diesen Vorschlag gibt. Wie Sie auch wissen, gibt es im Europäischen Parlament seit langer Zeit eine breite Unterstützung aller pro-europäischen Parteien für diesen Vorstoß – einschließlich Ihrer sozialdemokratischen und konservativen Schwesterparteien.

Im Sinne des Selbstverständnisses als “neutraler Vermittler” sollte die deutsche Ratspräsidentschaft auch dieses laufende Gesetzesvorhaben weiter vorantreiben und erneut zur Abstimmung bringen. Eine Abstimmung zu blockieren, wäre damit nicht vereinbar.

Wir sind davon überzeugt, dass ein Mindestmaß an öffentliche Transparenz darüber, wo internationale Konzerne wirtschaftlich aktiv sind, ihre Gewinne machen und Steuer zahlen, wichtiger ist denn je. Mehr öffentliche Steuertransparenz ist sowohl die Grundlage für weitere Reformen zur Eindämmung aggressiver Steuervermeidung, als auch die Voraussetzung für eine wirksame und gerechte Umsetzung der internationalen Besteuerungsprinzipien, einschließlich der geplanten Mindestbesteuerung.

Die praktischen Erfahrungen mit erweiterten Offenlegungspflichten haben mittlerweile viele der anfänglichen Bedenken gegen eine Veröffentlichung dieser Informationen zerstreut. Die Beispiele aus einzelnen Branchen wie dem Bankensektor oder der Rohstoff- und Forstwirtschaft, wo solche Transparenzanforderungen seit Jahren ohne negative Konsequenzen für die Wettbewerbsfähigkeit Standard sind, bestätigen das. Immer mehr wissenschaftliche Studien zeigen zudem die positiven Effekte von öffentlicher Kontrolle: in Bezug auf den Rückgang von aggressiver Steuervermeidung, Gewinnverschiebung und Steuerdumping von Staaten. Rechtliche Vorarbeiten und Praxis zeigen, dass sich öffentliche Transparenz und der Anspruch der Unternehmen auf Wahrung von Geschäftsgeheimnissen sinnvoll in Einklang bringen lassen. Wir fordern Sie daher als zuständige(n) Minister/in mit Nachdruck auf, sich in der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass Deutschland die Offenlegung von Ertragsteuerinformationen (das sogenannte Country-by-Country Reporting on Taxes – CBCR) auf die Agenda des anstehenden Wettbewerbsrat im September setzt und zur Abstimmung bringt.

Deutschland darf nicht länger diesen europäischen Fortschritt blockieren. Während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft bietet sich die einmalige Chance, greifbare Fortschritte im Kampf gegen aggressive Steuervermeidung und für ein gerechtes Europa zu erzielen. Diese Chance nicht zu nutzen, wäre beschämend. Geben Sie Europa Grund zur Hoffnung und hauchen Sie auch der Idee eines gerechten und nachhaltigen Europas neues Leben ein.

Bei den anstehenden Verhandlungen wünschen wir Ihnen viel Erfolg und einen guten Gerechtigkeitskompass.

Mit freundlichen Grüßen

Lisa Paus, MdB & Sven Giegold, MdEP