Sven Giegold

EU-Einlagenrückversicherung: Olaf Scholzs Vorschläge zur Bankenunion sind unausgegoren

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) gibt seine Blockadehaltung bei der europäischen Einlagensicherung auf. In einem achtseitigen „Positionspapier zum Zielbild der Bankenunion“ schlägt er ein „europäisches Rückversicherungssystem“ für Bankguthaben vor, das zusätzlich zu den nationalen Einlagensicherungssystemen mit Beiträgen der Kreditinstitute errichtet werden soll. Verluste, die sowohl den nationalen als auch den europäischen Sicherungstopf übersteigen, wären vom betroffenen Mitgliedstaat zu tragen. Die Europäische Kommission hatte im November 2015 eine Vollvergemeinschaftung der nationalen Einlagensicherungssysteme vorgeschlagen, um nationale Bankanstürme zu verhindern und das Risiko europaweit zu verteilen. Diese hätte die Institutssicherungssysteme der Sparkassen und Genossenschaftsbanken gefährdet.

Das Positionspapier aus dem Bundesfinanzministerium verknüpft die europäische Einlagenrückversicherung mit Vorbedingungen zum Risikoabbau in der Bankenunion: Staatsanleihen sollen in den Bankbilanzen nicht mehr risikolos behandelt werden und das Insolvenzrecht für nicht systemrelevante Banken soll europäisch harmonisiert werden. Gewinnverschiebungen will Scholz einen Riegel vorschieben durch eine gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage und einem Mindeststeuersatz auf Unternehmensgewinne.

Dazu erklärt Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament:

“Man muss sich freuen, dass der Finanzminister nach langer Blockade überhaupt einen Vorschlag zur Bankenunion vorlegt. Das Ende der destruktiven Blockade der Bundesregierung in Europa war überfällig. Allerdings: Scholz’ Vorschlag ist unausgegoren und die Zustimmung durch CDU/CSU ist höchst fragwürdig. Die Durchsetzungsfähigkeit von Scholz wird sich daran bemessen, ob die Union bei diesem Vorschlag mitzieht. Einen weiteren Rohrkrepierer kann sich die deutsche Europapolitik nicht leisten.

Eine europäische Einlagenrückversicherung kann Kapitalflucht verhindern und zugleich  bewährte nationale Bankensicherungssysteme bewahren. Der Grundgedanke einer europäischen Einlagensicherung ist gut, aber die Ausführung von Scholz nicht gut genug. Scholz denkt zu wenig europäisch und zu national. Scholz will die europäische Rückversicherung nicht wirklich europäisch absichern, sondern durch nationale Steuerzahler. In einer schweren Bankenkrise müssten weiterhin die nationalen Steuerzahler die Verluste tragen. Ohne eine gemeinsame europäische Haftung der Banken bleibt die unheilige Verquickung zwischen Banken und Nationalstaaten bestehen. Um Fehlanreize auf nationaler und europäischer Ebene zu vermeiden, müssen sich die Beiträge für die Sicherungssysteme klar am Risiko der einzelnen Bank bemessen und nicht nur an den abgesicherten Einlagen. Eine Subventionierung von risikoreichen Banken durch solide wirtschaftende Kleinbanken muss verhindert werden.

Scholzs gesamtes Maßnahmenpaket zur Bankenunion atmet zu sehr den nationalen Geist. Wenn die Eigenkapitalhinterlegung von Staatsanleihen sich nach der Kreditwürdigkeit der Staaten richtet, nützt das vor allem deutschen Banken und dem deutschen Finanzminister. Es wäre solider und europäischer, allen Banken ein absolutes Limit für das Halten von Staatsanleihen im Vergleich zum Eigenkapital vorzuschreiben. Ebenso springt der Vorschlag einer Harmonisierung des Insolvenzrechts für Banken zu kurz. Das eigentliche Problem sind die unterschiedlichen nationalen Regime für die Restrukturierung und Eintreibung ausgefallener Kredite. Beim Insolvenzrecht braucht es gemeinsame Verfahren und europäischen Verbraucherschutz. Dass Scholz im Krisenfall den freien Fluss von Liquidität und Eigenkapital innerhalb von Bankengruppen beschneiden will, passt zu seiner national gedachten Einlagenrückversicherung, widerspricht aber der europäischen Bankenunion. Leider gibt Scholz auch beim Thema Steuern seine nationalen Vorbehalte nicht auf. Eine gemeinsame Bemessungsgrundlage bei der Körperschaftsteuer ist nur dann wirksam gegen Gewinnverschiebungen, wenn Gewinne und Verluste auch grenzüberschreitend konsolidiert werden. Nur so käme es auch zu einem effektiven Bürokratieabbau für die europäische Wirtschaft im Steuerbereich. Scholz lehnt die Konsolidierung der Körperschaftssteuer jedoch ab.”

 

Link zum Vorschlag von Scholz:
BMFnonpaper_Banking union_04112019_DEU

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