Sven Giegold

Schulpraktikant Emil aus München berichtet über seine Woche in Brüssel

Emil

Anfang März war Emil, aktiv bei der Grünen Jugend München, für eine Woche als Praktikant in meinem Büro. Wir haben ihn gleich kräftig eingespannt und ihm auch keine Lobbytermine erspart. Lest selbst seinen Bericht:

Letzte Woche hatte ich die Möglichkeit, ein Praktikum bei dem Europaabgeordnetem Sven Giegold zu machen. In diesem Bericht werde ich von meinen Erfahrungen im Parlament erzählen. Die erste Hürde, um ein Praktikum im Europäischen Parlament zu machen, ist überhaupt ins Gebäude zu kommen. Dies erweist sich insofern als schwierig, als dass man erst die Besucherregistrierung finden muss. Die nächste Schwierigkeit besteht darin, sich in dem Gebäudekomplex zurechtzufinden. Um dies zu ermöglichen, wurde ich nach meiner Ankunft im Büro über verschiedene Ebenen, durch verschiedene Gebäude und mit vielen Fahrstühlen durch das Parlament geführt. Nun war ich mir endgültig sicher, dass das Zurechtfinden eines der größten Probleme der Woche in Brüssel sein würde. Allerdings hatte ich nicht viel Zeit mir darüber Gedanken zu machen, denn kurz darauf wurde mir meine erste Aufgabe zugeteilt. Ich sollte einen Verteiler von 3.000 Menschen anhand der domain in Journalist*innen und „Andere“ unterteilen. Obwohl dies inhaltlich nicht die spannendste Aufgabe war, hatte ich danach einen guten Eindruck davon, wie viele Journalist*innen sich in den Verteiler „Alles von Sven“ eingetragen haben.

Nach ca. 1 Stunde Arbeit an dem Verteiler nahm mich Sven mit in die „Members Bar“, in der er sich mit einem Mitarbeiter der Grünen Fraktion traf. Es ging um das Gesetzgebungsverfahren zur einheitlichen Bankenabwicklung (SRM). Hier wurde ich mit vielen Fachbegriffen und Abkürzungen konfrontiert. Alles was ich nicht verstand schrieb ich mir auf und schaute es abends im Internet nach. Kurz darauf gingen wir zu einem Treffen des SRM-Verhandlungsteam. Hier waren auch Abgeordnete von anderen Parteien vertreten. Auffallend war allerdings, dass nur 5 Abgeordnete da waren, obwohl alle 7 Fraktionen des Parlamentes je 1 Abgeordneten in diese Verhandlung schicken dürfen: eine Liberale, eine Abgeordnete von der Europäischen Volkspartei, eine von den Sozialdemokraten, eine von den Europäischen Konservativen und Reformisten und Sven für die Grünen. Sven meinte, dass die Person, die für die Linken da sein sollte, nie käme und die Rechtspopulisten und Eurokritiker von der EFD auch nie da seien. Dieses Treffen war besonders interessant, weil ich hier zum ersten Mal Verhandlungen zwischen Abgeordneten mitbekam. Am Ende dieser Verhandlungsrunde liefen wir gemeinsam in einen größerem Raum, in dem kurz darauf eine Anhörung von Mario Draghi im Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) stattfand. Anders als alle Treffen davor war dieses eher formell. Es herrschte feste Sitzordnung, und Simultandolmetschung wurde angeboten. Draghi hielt eine längere Rede, in der er die Maßnahmen der EZB seit Beginn der Krise darstellte.  Besonders lobte er auch die Arbeit des Parlamentes als echte Europäische Institution. Danach hatte jede Fraktion die Möglichkeit eine Frage zu stellen. Die Fragen betrafen unter anderem die Lage in der Ukraine und deren Auswirkungen auf die Geldpolitik der EZB, Draghis Meinung zu SRM und was passieren würde, wenn die EZB ihre „what ever it takes“ Politik nicht weiterverfolgen darf, weil der Europäische Gerichtshof in Luxemburg das OMT Programm für verfassungswidrig erklärt.

Um den Tag mit noch einem Treffen abzuschließen, nahm mich Sven anschließend wieder mit in die „Members Bar“ zu einer Verabredung mit dem Verbandsdirektor der Baden-wüttenbergischen  Genossenschaftsbanken. Am Abend dieses Tages war ich mir sicher, dass das Praktikum auf keinen Fall langweilig sein würde.

Am folgenden Tag fuhr ich früh ins Parlament und setzte mich wieder an den Presseverteiler, den ich nun fertigstellte. Danach hatte ich die Möglichkeit, die Gesetzgebung in der EU live in einem Trilog zum SRM mitzuverfolgen. Auch in diesem Treffen gab es eine feste Sitzordnung. Rat und Parlament saßen sich gegenüber, und am Kopfende der Tische saß die Kommission. Die Sitzordnung spiegelte in etwa die Positionen der einzelnen Verhandlungsparteien wieder. Rat gegen Parlament, die Kommission hielt sich eher raus.

Nach all diesen Verhandlungen bekam ich danach in der Fraktionssitzung der Grünen/EFA auch noch etwas von der Zusammenarbeit der Abgeordneten in einer Fraktion mit. Schwerpunkt der Fraktionssitzung war eine Diskussion über die Lage in der Ukraine. Da darüber in Medien und Öffentlichkeit im Moment sehr viel geredet/geschrieben wird, war es sehr interessant, die Position der Grünen zu diesem Thema mitzubekommen. Putin wurde sehr kritisch beurteilt, und es wurden stärkere Maßnahmen gefordert als die Aussetzung von Visa. Nach dieser Debatte stellten Berichterstatter und Schattenberichterstatter die Abstimmungen in der folgenden Sitzungswoche vor. Außerdem schlugen sie vor, wie die Fraktion abstimmen sollte und begründeten dies. Unter anderem ging es um Flüchtlingspolitik und Datenschutz. Nach all diesen Treffen ging ich dann wieder ins Büro und bekam die Aufgabe, eine Rundmail von Sven ins Englische zu übersetzen. So schloss ich auch den 2. Tag im Parlament ab.

Am folgenden Tag fuhr Sven für den Rest der Woche weg, sodass ich von hier an mehr Zeit im Büro verbrachte. Im Vergleich zu den Büros eines Unternehmens sind die von Abgeordneten sehr klein. Also müssen sich alle Mitarbeiter*innen untereinander gut verstehen. Ich war sehr positiv von der Arbeitsatmosphäre in Sven’s Büro angetan. Alle Mitarbeiter*innen sind jung, freundlich und baten mir sofort das „Du“ an. Außerdem teilten sie mir viele interessante Aufgaben zu. An diesem Morgen begrüßten sie mich mit der Aufgabe, eine Presseeinladungen für Journalist*innen zu schreiben, die Sven einlädt, ihn in Straßburg zu begleiten. Außerdem sollte ich noch einige Texte gegenlesen und überprüfen, ob diese Rechtschreib- oder Zeichensetzungsfehler enthielten. An diesem Tag hatte ich die Möglichkeit, mich in die Kantine zu setzen und vom vegetarischen Essen der Parlamentsküche zu kosten. Ich setzte mich also an einen Tisch ans Fenster, um von dort nach draußen zu schauen. Ich sah ein großes Schlösschen mitten in einem Park. Als ich wieder im Büro angekommen war, fragte ich was das für ein Gebäude in so guter Lage sei. Die Antwort war: die Bayrische Landesvertretung. Wahrscheinlich wurde sie von Uli Hoeneß mit den Worten „Mia san mia und mia san die größten“ eingeweiht. Nach weiteren Recherchen fand ich jedenfalls heraus, dass der Freistaat ca. 30 Millionen Euro für seine prunkvolle Machtdemonstration bezahlt hat . Außerdem kostet das Haus bayrische Steuerzahler eine Millionen Euro pro Jahr, zuzüglich Personalkosten . So viel zu sinnvoll ausgegebenen Steuereinnahmen.

Die weiteren Tage lag der Fokus auf dem TTIP leak. Hierfür musste unter anderem die Website http://www.ttip-leak.eu/ auf Fehler überprüft werden und geschaut werden, ob die Einbindung in soziale Netzwerke funktionierte. Für die Verteilung auf Facebook am nächsten Tag war ich auch verantwortlich. Außerdem bekam ich gegen Schluss noch die besonders schöne Aufgabe Lobbyeinladungen, unter anderem von der Deutschen Versicherungswirtschaft, abzusagen.

Fazit:

Was ich in einer Woche in Brüssel gemacht, gesehen und gelernt habe hat, meine Erwartungen sogar noch übertroffen. Außerdem weiß ich nun aus erster Hand, dass Abgeordnete des Europaparlaments definitiv nicht nur langweilige Bürokrat*innen sind, die darüber entscheiden wie gekrümmt in Europa Gurken seien dürfen. Alles in allem war es ein sehr interessantes Praktikum, das auch gerne noch länger hätte dauern können.