Sven Giegold

Zwang zu Fingerabdrücken in Personalausweisen: Christdemokraten und Liberale machen Europaparlament zum Sündenbock für unnötigen Grundrechtseingriff

Der Innen- und Justizausschuss (LIBE) des Europaparlaments hat soeben das Verhandlungsergebnis zwischen den EU-Institutionen zu Fingerabdrücken in Ausweisen bestätigt. In Trilog-Verhandlungen hatten die Vertreter von Europaparlament und Rat der Mitgliedsstaaten festgelegt, dass Fingerabdrücke in Personalausweisen künftig durch EU-Gesetz zur Pflicht werden sollen. Grüne, Sozialdemokraten und Linke lehnen das ab. Die Christdemokraten (EVP), Rechtskonservativen (ECR) und Teile der Liberalen (ALDE) sind aber dafür, inklusive des belgischen liberalen Berichterstatters Gérard Deprez, der das Parlament in den Verhandlungen vertreten hatte. Der Berichterstatter hat die Abstimmung über sein Verhandlungsergebnis vergleichsweise knapp mit 30 ja zu 20 nein bei 2 Enthaltungen im LIBE gewonnen. Liberale und Sozialdemokraten waren dabei gespalten. Als nächster und letzter Schritt entscheidet das Plenum des Europaparlaments Ende März oder im April.

 

Dazu sagt der Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament, Sven Giegold:

“Der Zwang zu Fingerabdrücken in Personalausweisen schwächt Grundrechte unnötig. Die europaweite Erfassung von Fingerabdrücken in den Personalausweisen ist weder notwendig noch verhältnismäßig. Christdemokraten und Liberale machen die EU zum Sündenbock für eine Entscheidung, die in den meisten betroffenen Mitgliedstaaten keine Akzeptanz finden würde. Nur zehn EU-Mitgliedstaaten speichern bisher Fingerabdrücke in ihren Ausweisdokumenten. Die übrigens 18 halten das nicht für nötig, um die Echtheit der Ausweise zu garantieren. In knapper Abstimmung soll nun über den Umweg Brüssel eine Maßnahme durchgedrückt werden, die Zuhause nicht populär ist. Gegen diesen Versuch, in Brüssel durchsetzen, was zu Hause am demokratischen Widerstand gescheitert ist, werden wir weiter Widerstand leisten. Wir brauchen endlich eine echte europäische Polizei, die grenzüberschreitende Kriminalität effektiv verfolgt, statt immer neuer Eingriffe in die Bürgerrechte.”

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HINTERGRUND

In Deutschland und Ungarn kann jede Bürgerin und jeder Bürger selber entscheiden, ob sie die Fingerabdrücke abgeben will oder nicht. Die Niederlande hatten schon einmal Fingerabdrücke in den Ausweisen, sind davon aber 2016 wieder abgerückt.

370 Millionen EU-Bürger sind von dieser Vorgabe betroffen. Der europäische Datenschutzbeauftragte und die EU-Grundrechteagentur haben sich gegen eine verpflichtende Speicherung ausgesprochen.

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