Sven Giegold

EZB-Urteil: CDU muss sich an die eigene Nase fassen statt EZB zum Sündenbock zu machen

Nach dem gestrigen Urteil des Bundesverfassungsgericht zur EZB, sehen sich viele Politiker in ihrer kritischen Haltung zum EZB-Anleihekaufprogramm bestätigt. Dazu erklärt Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament:

“Scheinheilige und einseitige Kritik an der EZB ist unangebracht. Zur Wahrheit gehört, dass die EZB zu ihrer Geldpolitik durch die Verweigerung der Bundesregierung einer europäischen Fiskalpolitik gedrängt wurde. CDU und CSU sollten sich an die Nase fassen statt die EZB wieder zum Sündenbock zu machen. Die Christdemokraten im Europaparlament machen sich mit ihrem Lob für das Urteil unglaubwürdig, denn sie haben die Politik der EZB auf europäischer Ebene stets unterstützt. Die Geldpolitik der EZB musste immer wieder den Mangel gemeinsamer Fiskalpolitik der Euroländer ausbaden. Die Lehre aus dem Urteil ist, dass die Euroländer mit gemeinsamer Fiskalpolitik die Geldpolitik der EZB entlasten müssen. Die Bundesregierung sollte nun eine Initiative für eine gemeinsame Wirtschaftspolitik der Eurozone starten. Die Bundesregierung hat die Verantwortung, dass aus Europa durch das Urteil nicht beschädigt wird. Die EZB sollte jetzt besonnen reagieren und Schnellschüsse vermeiden, um ihre Unabhängigkeit zu schützen und sich nicht durch Gerichte aus allen Euroländern angreifbar zu machen.” 

“Die Machtfülle der EZB ist weltweit einzigartig. Das Europaparlament muss die Geldpolitik der EZB enger begleiten. Expertinnen und Experten sollten in direkten Austausch mit Vertretern der EZB treten. Die regelmäßigen geldpolitischen Dialoge und die EZB-Jahresberichte würden dadurch an Schärfe und Präzision gewinnen.”

P.S.: Die Aufzeichnung des gestrigen gehaltvollen Webinars mit assoc. Prof. Dr. René Repasi mit 800 registrierten Teilnehmerinnen zum Urteil des Bundesverfassungsgericht finden Sie hier: https://sven-giegold.de/europe-calling-extra-das-ezb-urteil/