Sven Giegold

Finanzmarkt: Europäisches Parlament fordert Vollendung der Bankenunion mit mehr Proportionalität

Das Europäische Parlament hat heute mit breiter Mehrheit seinen jährlichen Initiativbericht zum Stand der Bankenunion verabschiedet. Der Bericht fordert die Europäische Kommission auf, Lehren aus den erneuten Bankenrettungen des vergangenen Jahres zu ziehen. Dazu soll die Kommission sowohl ihre Bankenmitteilung aus dem Jahr 2013 als auch die Bedingungen des EU-Vertrags für Staatshilfen im Finanzsektor überprüfen. Außerdem verlangt der Bericht, das bankaufsichtliche Meldewesen zu vereinheitlichen und stärker auf die Besonderheiten von Genossenschaftsbanken zu achten. Der Bericht enthält auch einige Grüne Vorschläge, darunter der Ruf nach einem koordinierten Vorgehen gegen den wachsenden Schattenbankensektor, Verbesserung des Schutzes für Privatanleger sowie mehr Transparenz des Einheitlichen Abwicklungsmechanismus (SRM). Ziel des Jahresberichts ist es, die Bankenunion parlamentarisch zu kontrollieren und den künftigen Kurs der europäischen Bankenregulierung mitzubestimmen. Vor der heutigen Abstimmung im Plenum war der Bericht bereits im Januar im Wirtschafts- und Währungsausschuss (ECON) angenommen worden.

Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold:

“Wir brauchen die Vollendung der Bankenunion durch härtere, aber weniger bürokratische Finanzmarktregeln. Wir wollen ein einheitliches europäisches Meldewesen mit einer zentralen Stelle für Anfragen unterschiedlichster Behörden. Damit würde Europa einen echten Mehrwert gerade für kleinere Banken schaffen. In der laufenden Überarbeitung der europäischen Bankengesetzgebung werden wir darauf drängen, dass risikoarme Banken von Bürokratie entlastet werden, ohne Kompromisse bei der Finanzstabilität zu machen.

Als Lehre aus den italienischen Staatshilfen für zwei venezianische Banken gehören die Beihilfen im Finanzsektor erneut auf den Prüfstand. Die Bankenmitteilung der Kommission aus dem Jahr 2013 ist veraltet, Widersprüche zur europäischen Abwicklungsrichtlinie müssen beseitigt werden. Seit 2015 weigert sich die Kommission zu untersuchen, ob vorsorgliche Rekapitalisierungen (precautionary recapitalization) weiterhin erlaubt sein sollen. Bankrettungen durch Steuergelder dürfen nicht länger die Regel sein, sondern müssen verbindlich ausgeschlossen werden.

Leider verhinderten die Verhandlungsführer der Sozialdemokraten, unterstützt von den Christdemokraten, klare Aussagen zur Begrenzung von Risiken durch die Nullgewichtung von Staatsanleihen. Ebenso wehrten sich Christdemokraten, Sozialdemokraten, Rechtskonservative und Liberale gegen die Forderung nach einer Bankenstrukturreform, um das Problem zu großer Institute (‚too-big-to-fail‘) zu überwinden.”

Den im Plenum zur Abstimmung vorgelegten Bericht zur Bankenunion finden Sie hier:
http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-%2f%2fEP%2f%2fNONSGML%2bREPORT%2bA8-2018-0019%2b0%2bDOC%2bPDF%2bV0%2f%2fDE