Gestern Abend, den 28. April, hat das Europäische Parlament eine Resolution zur Ermordung von Daphne Caruana Galizia und zur Rechtsstaatlichkeit in Malta verabschiedet. Sie wurde mit einer großen Mehrheit von 635 Abgeordneten des Europäischen Parlaments angenommen. EVP, Renew, S&D, Grüne/EFA, die Linke, ID und Teile der ECR stimmten dafür. Eine Mehrheit der ECR-Parlamentarier*innen sowie sieben S&D-Abgeordnete stimmten dagegen. Im Vorfeld der Resolution wurden die Verhandlungen konstruktiv von den Liberalen (Renew) geführt. Die S&D brachte vier Änderungsanträge zur Abschwächung der Resolution ein, die allesamt abgelehnt wurden. Die Grünen/EFA haben in allen Verhandlungsphasen versucht, den Text zu stärken. Leider fanden kritische Verweise, die unter anderem die weit verbreitete Verwendung von Direktverträgen im öffentlichen Auftragswesen anprangern, keine Mehrheit, da sie von S&D, Renew und den Linken nicht unterstützt wurden.
Die Resolution prangert nachdrücklich die „ernsthaften und dauerhaften Bedrohung von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Grundrechten[…], einschließlich Fragen der Medienfreiheit, der Unabhängigkeit der Strafverfolgung und der Justiz gegenüber politischer Einflussnahme“ in Malta an. Es ist die Fortsetzung einer Plenardebatte am 25. März, die kurzfristig nach der Verhaftung von Keith Schembri, dem Ex-Kabinettschef des zurückgetretenen Premierministers Joseph Muscat, einberufen wurde. Die Anschuldigungen wegen Korruption, Geldwäsche und Betrug gegen Schembri und 10 weitere Personen sowie die jüngsten Enthüllungen der sogenannten Passport Papers verstärken bestehende Bedenken noch.
Sven Giegold, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Grüne/EFA im Europäischen Parlament, erklärt:
„Das Europäische Parlament wird nicht tatenlos zusehen, wenn die Rechtsstaatlichkeit und das Leben von Journalisten in Gefahr sind. Diese Resolution sendet ein starkes Signal an die maltesische Regierung und die Europäische Kommission. Eine überwältigende Mehrheit der Abgeordneten fordert strukturelle Reformen und die konsequente Durchsetzung europäischen Rechts. Korruption bis in die höchsten Regierungskreise muss ausnahmslos geahndet werden. Der Ausverkauf europäischer Bürgerrechte durch die maltesische Regierung muss sofort beendet werden. Es ist inakzeptabel, dass die maltesische Regierung trotz des von der EU-Kommission eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens weiterhin goldene Pässe verkauft. Neueste Enthüllungen zeigen, dass wohlhabende Antragsteller für einen maltesischen Pass ermutigt wurden, an Wohltätigkeitsorganisationen mit engen Verbindungen zur politischen Elite zu spenden. Das könnte sich als der Tropfen erweisen, der das Fass endgültig zum Überlaufen bringt.
Eine unabhängige Presse und der Schutz von Journalisten vor SLAPP-Klagen ist der Schlüssel, um Regierungen in ganz Europa zur Verantwortung zu ziehen. Ich fordere die Europäische Kommission auf, einen Gesetzesvorschlag für eine europäische Anti-SLAPP-Verordnung vorzulegen. In der Zwischenzeit haben die Grünen/EFA in dieser Resolution erfolgreich die Forderung nach einer nationalen Anti-SLAPP-Gesetzgebung in Malta eingefügt.“
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Resolution des Europaparlaments, die Endfassung ist bald unter “angenommene Texte” einsehbar: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/B-9-2021-0219_DE.html
Link zu Änderungsanträgen der Grünen/EFA Fraktion (auf Englisch), Änderungsanträge 7, 10, 11, 12, 13 wurden angenommen, 8 und 9 abgelehnt: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/B-9-2021-0219-AM-007-013_EN.pdf
Link zu Änderungsanträgen der S&D Fraktion (auf Englisch), Änderungsanträge 1, 2, 4, 5 wurden abgelehnt, 3 und 6 angenommen: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/B-9-2021-0219-AM-001-006_EN.pdf
Ergebnis der Abstimmung der Änderungsanträge in der Plenarsitzung: https://www.europarl.europa.eu/sed/doc/news/flash/25482/Result_28-04-2021_First%20voting%20session%2013.00%20-%2014.15_en.pdf
Abstimmungsverhalten aufgeschlüsselt nach Namen und Fraktionszugehörigkeit sowohl für die Änderungsanträge (Abstimmunen 43 bis 58) als auch für die endgültige Resolution (Abstimmung 163): https://www.europarl.europa.eu/sed/doc/news/flash/24223/P9_PV(2021)04-28(RCV)_en.docx