Im Wirtschafts- und Währungsausschuss (ECON) stimmte heute eine breite Mehrheit in einer Stellungnahme für die Einführung einer Frauenquote von 40 Prozent bis 2020 für die Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen.
Die Stellungnahme des ECON wird nun in die Diskussion des Hauptberichtes im Gleichstellungs- und im Rechtsausschuss einbezogen. Beide Ausschüsse erarbeiten gemeinsam die Parlamentsposition zum Gesetzesvorschlag von Justizkommissarin Viviane Reding, der Ende letzten Jahres veröffentlicht wurde.
Sven Giegold, Schattenberichterstatter und wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament zur Stellungnahme des ECON:
Gleichberechtigung in Unternehmen ist nicht nur Frauensache. Auch der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europaparlaments setzt sich nun für eine verbindliche Quote ein und stärkt damit dem Frauenausschuss des Parlaments den Rücken. Bis 2020 sollen demnach börsennotierte Unternehmen einen Frauenanteil von 40 Prozent in ihren Aufsichtsräten erreicht haben. Dafür müssen sie ihre Auswahl- und Ernennungsverfahren anpassen. Für die korrekte Umsetzung der Richtlinie müssen nun die Mitgliedsstaaten per Gesetz Sorge tragen.
Der liberale Berichterstatter Olle Schmidt war in seinem ursprünglichen Entwurf gegen eine feste Quote. Er forderte stattdessen eine Flexi-Quote, das heißt freiwillige Selbstverpflichtungen der Unternehmen, wie wir sie in Deutschland seit 12 Jahren kennen. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass freiwillige Vereinbarungen keinen spürbaren Fortschritt bringen. In den letzten 12 Jahren ist der Frauenanteil in Aufsichtsräten von DAX-Unternehmen lediglich auf schmale 17,2 Prozent gestiegen.
Daher haben wir Grüne uns für eine Verbesserung des Entwurfs des Berichterstatters eingesetzt. Wir konnten gemeinsam mit Sozialisten und engagierten Frauen aus der Europäischen Volkspartei erreichen, dass die Richtlinie nicht nur für Ernennungen von Aufsichtsräten gilt, sondern auch für Einstellungs- und andere Auswahlverfahren. Außerdem konnten wir durchsetzen, dass Mitgliedsstaaten ein gewisses Set an Sanktionen für die Unternehmen festlegen müssen: neben Strafzahlungen auch die Annullierung von Ernennungen bzw. Einstellungen. Und wir konnten für mehr Transparenz sorgen: Unternehmen müssen ihre „gender balance“ und die Maßnahmen zur Verbesserung dergleichen auf ihrer Internetseite und in ihrem Jahresbericht öffentlich machen.
Die geplante Schwächung des Kommissionstextes bezüglich der Beweislastumkehr konnte in letzter Minute verhindert werden: Der Berichterstatter wollte durchsetzen, dass die Beweislast für eine Ungleichbehandlung auf die unterlegene Kandidatin abgewälzt wird. Dies wäre eine enorme Schwächung des Kommissionsvorschlags gewesen.
Leider konnte sich eine konservativ-liberale Mehrheit bei indivduellen Einstellungsentscheidungen durchsetzen und den Kommissionsentwurf schwächen. Ursprünglich war geplant, dass Unternehmen bei gleicher Eignung in der Regel die weibliche Kandidatin bevorzugen sollen, wenn im Unternehmen ein Geschlecht unterrepräsentiert ist. Dies wurde nun in ein inhaltsleeres „bevorzugen können“ abgeschwächt.
Der ECON hat sich trotz dieser Schwächung für mehr Geschlechtergerechtigkeit in Aufsichtsräten ausgesprochen. Wir Grüne haben in der Stellungnahme wichtige Akzente setzen können. Es ist höchste Zeit, dass wir den bisherigen 17%igen Prozent Frauenanteil in den Aufsichtsräten deutscher börsennotierter Unternehmen steigern und ein Umdenken in den Führungsebenen unserer Unternehmen stattfindet. Wir sind optimistisch, dass die federführenden Ausschüsse den Text weiter stärken werden“